Heute vor 40 Jahren habe ich, noch nicht ganz 15 Jahre alt, meinen ersten Arbeitsvertrag unterschrieben. Genauer gesagt, meinen Lehr- und Ausbildungsvertrag zum Einzelhandelskaufmann. Damit war klar, dass ich nach 9 Jahren Schulbankdrücken nun endlich arbeiten und mein eigenes Geld verdienen kann.
Ich wurde so erzogen, dass sich eine weitergehende Schule nicht lohnen würde, da sowieso bald "Harmageddon" kommen und die "Welt" vernichtet vernichtet werden würde. Dem Wunsch meiner Eltern entsprechend habe ich daher die Berufsausbildung begonnen und konnte mich insofern durchsetzen, dass ich wenigstens einen kaufmännischen Beruf erlernen durfte. Eigentlich hätte ich etwas "Praktisches" oder "Handwerkliches" lernen sollen.
Ich hatte damals wirklich keinen Plan, wie mein weiteres Leben verlaufen würde. Und das konnte manch einer meiner Freunde und Weggefährten auch feststellen. Hin- und hergerissen zwischen der Lehre der Zeugen Jehovas und der realen Welt, wie ich sie in den nächsten Jahren erleben sollte, habe ich mich in so manche unangenehme Situation manövriert. Der "Wachtturm" und das "Erwachet" waren halt doch keine zeitgemäßen Anleitungen, das Leben erfolgreich zu gestalten.
Ich bin heute noch all den Menschen dankbar, die sich trotz meiner inneren Zerrissenheit um mich bemüht haben. Sie haben versucht, mir einen guten Start in das Leben zu ermöglichen. Allen voran bin ich auch meinen Lehrherrn, Herrn More, für seine unendliche Geduld und Ausdauer dankbar. Heute glaube ich, dass ich wohl einer der schwersten Lehrlinge für ihn war. Und dennoch hat er mir den Start ins Leben ermöglicht und diesen Weg mit begleitet.
Heute, 40 Jahre später, kommen all diese Erinnerungen wieder hoch. In der Zwischenzeit habe ich auch ein Buch darüber geschrieben. "Liebe - Glaube - Freiheit - Erfahrungen eines ehemaligen Zeugen Jehovas" heißt das Buch, das im März im Verlag BOD erschienen ist.
In all den Jahren seither habe ich gelernt, Erfahrungen zu machen, zu verarbeiten und daraus zu lernen. Mein Lebenslauf ist sicherlich kein gewöhnlicher Lebenslauf. Aber durchaus interessant. Ich bin dankbar für all die Erfahrungen, die ich bisher gemacht habe, seien es die negativen oder die positiven. Denn sie haben mich zu dem gemacht, der ich heute bin.
Nun habe ich noch 10 Jahre bis zu meinem Ruhestand. Das passt irgendwie ganz gut. Denn seit fast 10 Jahren bin ich als Geschäftsführer eines Unternehmerverbandes der privaten, mittelständischen Immobilienwirtschaft tätig. Und seit September 2020 auch Inhaber meiner eigenen Firma, die langsam, aber sicher Fahrt aufnimmt. Es werden also noch spannende Jahre.
Ich freue mich auf die Herausforderungen, die noch vor mir liegen und bin mir ziemlich sicher, dass ich diese Herausforderungen dank meines hervorragenden Netzwerkes meistern werde.
Aber heute ist einfach auch nur ein Tag, dankbar zu sein. Dankbar für all die Menschen, die mein Leben als Geschäftsfreunde, Kunden, Kollegen und Führungskräfte begleitet und sicherlich auch mitgestaltet haben.
Ich schaue voller Optimismus in die Zukunft, auch wenn sie nach wie vor sehr ungewiss ist. Aber das war sie vor 40 Jahren auch.